Gedanken zum Buß- und Bettag



Gedanken zum Buß- und Bettag

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Inmitten der „Stillen Zeit“ begehen Christen Buß- und Bettag. Ein Feiertag, der in unserer Gesellschaft kaum mehr als solcher wahrgenommen wird. Und dies nicht erst seit dem Beschluss, den Buß- und Bettag von 1995 an als arbeitsfreien Tag abzuschaffen, um damit den Arbeitnehmeranteil der zum damaligen Zeitpunkt neu eingeführten Pflegeversicherung durch Mehrarbeit zu finanzieren. Auch unter Christen hat dieser Tag zunehmend an Bedeutung verloren.

Gründe für diese Entwicklung mag es viele geben. Eine wesentliche Ursache kann sicherlich darin gesehen werden, dass ein Tag, der zur Besinnung und inneren Einkehr aufruft, in unseren westlichen Gesellschaften, die in erster Linie auf Wachstum, Beschleunigung und die Verwirklichung individueller Freiheit ausgerichtet sind, wie ein Fremdkörper wirken muss. Aber auch die Kirchen selbst tragen eine Mitverantwortung dafür, dass die Menschen diesen Tag zunehmend aus ihrem Bewusstsein verdrängt haben. So wurde dieser Feiertag über Jahrhunderte hinweg immer wieder auch dazu instrumentalisiert, um bei den Menschen Schuldgefühle gegenüber Gott zu erzeugen und das Bild eines strafenden Gottes in den Herzen der Gläubigen zu verankern.

Dies geht jedoch an der wahren Bedeutung von Buß- und Bettag völlig vorbei! Aus meiner Sicht geht es an diesem Tag nicht um das Büßen für begangene Sünden im Sinne einer Selbsterniedrigung oder gar Bestrafung Gottes, sondern um das Erkennen der eigenen Fehlbarkeit und um die damit verbundene Umkehr zu Gott.

Das griechische Wort metanoia, das im Neuen Testament mit Buße übersetzt wird, bedeutet im wörtlichen Sinne „Umdenken“ oder „Sinnesänderung“. Buß- und Bettag kann vor diesem Hintergrund zunächst ein Tag des Innehaltens und Nachdenkens über uns selbst sein. Gott möchte uns dazu anhalten, über unsere Wünsche, Ziele und Wertvorstellungen, die unser Leben und Verhalten prägen, nachzudenken. Darüber hinaus möchte er uns die Möglichkeit geben, unsere Beziehung zu ihm und zu unserem Nächsten neu zu ordnen.

Buß- und Bettag ist ein Tag der Besinnung, aber auch der Neuausrichtung. Der Aufruf von Jesus Christus „Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1, 15) verdeutlicht, dass Umkehr ein fortwährender Prozess des Sich-Anvertrauens gegenüber Gott darstellt.

Interessanterweise wird der Buß- und Bettag meist am Mittwoch vor dem Toten- oder Ewigkeitssonntag begangen, dem letzten Sonntag des Kirchenjahres. Auch wir gedenken im November in einem besonderen Gottesdienst der Verstorbenen. Dieser Zusammenhang kann uns durchaus nachdenklich stimmen. An Buß- und Bettag ruft uns Gott zum Nachdenken über unseren eigenen Zustand und unsere Haltung zu ihm und unserem Nächsten auf. In der Beschäftigung mit der Ewigkeit werden wir auch mit unserer eigenen Endlichkeit  konfrontiert. Beides sind Gedankenimpulse, die uns dazu anregen können, unsere Wertmaßstäbe immer wieder neu zu hinterfragen und mit dem Willen Gottes in Deckung zu bringen.   

Aus der Perspektive der Ewigkeit erscheinen manches Leid, manche Enttäuschung, aber auch mancher Erfolg in einem völlig anderen Licht. Diese Betrachtungsweise kann uns als gläubige Christen, die wir die ewige Gemeinschaft mit unserem Schöpfer anstreben, dazu befähigen, die notwendige Souveränität im Glauben zu entwickeln, um in den vielfältigen Herausforderungen des Lebens zu bestehen.

 

Timo Ziegler